Welche Gesetze sind zu beachten?
Welche nationalen oder ausländischen Gesetze oder Abkommen gelten?
„Internationaler Mitarbeitereinsatz“ – Grenzüberschreitendes Arbeitsrecht ist Alltag geworden.
Dass Mitarbeiter einen festen Arbeitsort aufsuchten, ist aus heutiger Sicht fast schon ein historischer Traum. Die Globalisierung und die damit einhergehende internationale Vernetzung von Wirtschaftsstandorten führte zu einem regen Austausch von Arbeitskräften über ganze Kontinente hinweg. Mit dieser Veränderung stellen sich neue Fragen – auch in juristischer Hinsicht.
Unterschiedliche Gesetzgeber führen bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zur Berührung verschiedener Rechtsordnungen. Diese Einflüsse werden im Steuerrecht durch die doppelte Besteuerung bestimmter Einkünfte besonders sichtbar, stellen aber auch im Arbeitsrecht eine durchaus bemerkenswerte Herausforderung dar.
Individuelles und kollektives Arbeitsrecht.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, muss das Arbeitsrecht in das individuelle und das kollektive Arbeitsrecht untergliedert werden. Einerseits sind es die individuellen vertraglichen Vereinbarungen, die ein Arbeitsverhältnis gestalten. Anderseits gelten auch allgemeine gesetzliche Bestimmungen.
Individuelles Arbeitsrecht – ein Entsendungsvertrag ist geboten.
Grundsätzlich sind deutsche Arbeitsverträge nicht auf Auslandseinsätze ausgelegt. Die Entsendung eines Arbeitnehmers ins Ausland bedeutet deswegen nicht selten einen elementaren Eingriff in den Kernbereich der arbeitsvertraglichen Beziehung. Aus diesem Grund bedarf es zumeist zum einen einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrags und ferner eines ergänzenden Entsendungsvertrags.
Letzterer sollte eine Vereinbarung über spezielle Regelungen für den Zeitraum des Auslandseinsatzes enthalten.
Zu beachten ist außerdem, dass eine solche betriebliche Entsendung zu besonderen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers bezüglich der umfassenden Vorbereitung auf den Einsatz im Ausland führt.
Kollektives Arbeitsrecht – Ein internationales Normenspektrum.
Das kollektive Arbeitsrecht unterteilt sich in nationale und ausländische Gesetze sowie bei- und multilaterale Abkommen. Dabei gilt ein hierarchischer Aufbau.
Vorrangig ist das supranationale Arbeitsrecht zu beachten, welches seine Geltung auch über die Staatsgrenzen hinaus entfaltet. Neben allgemeinen völkerrechtlichen Verträgen (Europäische Menschenrechtskonvention von 1950, EU-Grundrechtecharta und europäische Sozialcharta) gilt somit das Unionsrecht.
Hieraus lässt sich die Arbeitnehmerfreizügigkeit entnehmen (EuGH NJW 1996, 505), wonach generelle Standards an die Rechte des Arbeitnehmers zu stellen sind und damit beispielsweise Bestimmungen gegen jede Diskriminierung gelten. Diese wenig greifbaren Prinzipien und Ziele werden durch die einzelnen Verordnungen der EU und die Urteile des EuGH konkreter.
So ist beispielsweise die Mutterschutzrichtlinie (92/85/EWG) und die Unterrichtungsrichtlinie (91/533/EWG) zu beachten.
Beschränkter Geltungsbereich nationaler Regelungen.
Sofern keine supranationalen Regelungen ihre Anwendung finden (können), ist bei einem Sachverhalt mit Auslandsbezug das geltende nationale Recht zu bestimmen. Nicht nur in diesem Punkt wird die schwammige Handhabung mit nationalen Normen im Arbeitsrecht deutlich. Zwar können durch vertragliche Bestimmungen Anknüpfungspunkte zu bestimmten Rechtsordnungen geschaffen werden (Rechtswahl nach Art. 3 ROM I-VO), dennoch sind die Einzelheiten problematisch.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied etwa bei einer fraglichen Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), dass „sich die Antwort nach dem persönlichen Anwendungsbereich des BetrVG richtet“ (BAG, Urt.v. 21.08.2007, Az.: 3 AZR 269/06). Damit ist nach einhelliger Auffassung gemeint, dass Arbeitnehmer dem Geltungsbereich des BetrVG unterfallen können, wenn sie dem Inlandsbetrieb zugeordnet bleiben. Voraussetzung ist ein verbleibender Bezug zum inländischen Arbeitgeber. Indizien sind dabei das Verbleiben von Weisungsrechten und der vorübergehende Charakter der vertraglichen Vereinbarungen.
Entscheidend ist diese Frage beispielsweise bei der Anwendung des BetrVG, weil davon die Zuständigkeit des inländischen Betriebsrates und bestimmte Kündigungsvorschriften abhängen.
Ähnlich entscheidende Fragen stellen sich bei vergleichbaren Gesetzen. Dabei ist ein Bezug sowohl für die einzelnen gegenständlichen Rechtsnormen als auch für das jeweilige Arbeitsverhältnis konkret zu bestimmen und bedarf einer Gesamtbetrachtung.
Wir beraten Sie gerne.
Es wird deutlich: Die Entsendung von Mitarbeitern in die ganze Welt bedarf einer gründlichen personal seitigen und vor allem rechtlichen Vorbereitung — wir beraten Sie gerne.
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Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Kanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner – Ihre Anwaltskanzlei Aichach, in Zusammenarbeit mit cand. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz)