In der Werbebranche sind solche Verträge gängig.
Ein Vertrag zwischen Geschäftsbesorgungsvertrag und Pachtvertrag.
Werbemittlerverträge: Zur geltenden Rechtslage im Schuldrecht
Die inhaltliche Ausgestaltung von privaten Verträgen ist frei. Die damit einhergehende Vertragsfreiheit stellt eine Grundsäule des deutschen Vertragsrechts dar und wird von Art. 2 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützt.
Doch nicht nur das: Ebendiese Privatautonomie stellt ferner ein Fundamentalprinzip der sozialen Marktwirtschaft dar. Dem ist es wohl auch geschuldet, dass sich in einer immer komplexer werdenden Welt auch so manche Vertragsschlüsse nicht mehr in die vor über einem Jahrhundert geschaffenen Vertragstypen fassen lassen.
Ein Beispiel: Früher wurde Werbung mit Kleister an der Litfaßsäulen betrieben. Heute wird man fast überall mit Reklame konfrontiert. Dadurch entstand der neue Industriezweig der Medienagenturen, die auf unterschiedlichsten Wegen, Werbetreibenden zur Platzierung ihrer Produkte verhelfen. Eine spezielle Ausprägung dieses Wandels sind Werbeagenturen, die untechnisch als Treuhänder und Vermittler arbeiten.
Diese Agenturen vermitteln Werbeflächen, indem sie Verträge mit Betreibern öffentlicher Räume abschließen. So schließen diese beispielsweise Verträge mit Kinobetreibern, in denen letztere das alleinige und ausschließliche Recht zur Schaltung von kostenpflichtigen Werbemitteln wie Werbefilme, Spots sowie Foyerwerbung einräumen.
Diese Werbemittlerverträge haben mittlerweile schon Tradition und dennoch veränderte sich deren Gestalt – eine eingehende Einzelfallprüfung ist dringend geboten.
Häufige Verwendung von AGB.
Vertragliche Vereinbarungen können in individueller oder standardisierter Form geschlossen werden. Nicht zuletzt aufgrund des kommerzialisierten Repertoires greifen viele Werbeagenturen auf Allgemeine Geschäftsbedingungen zurück.
Die Ausgestaltung des Inhalts ist dabei ebenso unterschiedlich wie das individuelle Angebot der Medienagenturen. Einordnen lassen sich die jeweiligen Verträge in BGB-Vertragstypen wie dem Dienstleistungsvertrag mit Auftragscharakter bis hin zum Pachtvertrag.
Entscheidend für die Beurteilung der Werbemittlerverträge ist dabei in erster Linie die Rolle der Werbeagentur. Sie wird in der Fachpresse unter dem Stichwort „Treuhänder oder Broker?“ diskutiert. Was dieser Frage zu entnehmen ist: einerseits ist es möglich, dass den Agenturen keine weitere Aufgabe zukommt, als für ein bestimmtes Werbeangebot die passenden Werbetreibenden zu suchen.
Andererseits können Verträge zustande kommen, in denen das Nutzungsrecht des öffentlichen Raums im Vordergrund steht und das anderweitige Angebot eine untergeordnete Rolle spielt.
Werbemittlerverträge als Geschäftsbesorgungsvertrag.
Da die Stellung der Werbeagenturen zumeist nicht ganz eindeutig ist, spielt bei einer vertraglichen Auslegung die jeweiligen Leistungsbeziehungen der Vertragspartner eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen, dass -auch im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung- solche Werbemittlerverträge grundsätzlich als Geschäftsbesorgungsverträge im Sinne des §675 Abs.1 BGB zu qualifizieren sind und damit in Verbindung zu einem Dienst- und Werkvertrag stehen können.
Die dafür erforderliche Geschäftsbesorgungsformel des BGH (BGH, DB 1959, 168; BGHZ, 45, 223 (228)) erfüllen diese Verträge allemal, da es sich bei diesen Vereinbarungen um die Erfüllung selbstständiger Tätigkeiten wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen handelt.
Die Vermittlung des ausschließlichen Rechts zur Schaltung von Werbung in einem öffentlichen Raum wird nach dieser Meinung davon geprägt, dass die Medienagenturen dem wirtschaftlichen Interesse der Betreibern verpflichtet sind und nach entsprechenden Werbetreibenden zu suchen haben.
Dieser Suche trägt gerade die Verbindung zum Dienstvertrag (§ 611 BGB) Rechnung, indem sich die Werbeagenturen durch entsprechende Vereinbarung dazu verpflichten, potentielle Werbeflächen effektiv zu „vermarkten“. Damit wird ersichtlich, dass es sich in diesen Fällen ebenfalls um eine gewisse Produktvermarktung durch die Werbemittler handelt, woraus auch die Pflicht zur entsprechenden Erfüllung dieses Zweckes erwächst.
Treuhänderschaft oder Verpachtung.
Die Vertragsauslegung stellt generell eine kaum greifbare Kunst in der Jurisprudenz dar. Zwar bestehen klare Auslegungskriterien, jedoch hängen diese von Wertungen ab. Vereinzelt wird vertreten, dass diese Werbemittlerverträge das geschäftsbesorgungsvertragliche Regelungsprogramm der §§675 Abs.1, 611ff BGB nicht erfüllen, da die Agenturen die Stellung von Treuhändlern einnähmen — sowohl im Verhältnis zu den werbungstreibenden Kunden wie auch zu den werbungsführenden Medien (Schneider, WuW 1962, 260ff.).
Nach dieser Auffassung sei die Werbeagentur mit beiden jeweils durch ein treuhändereschen Mittlungsvertrag eigener Art verbunden. Diese Annahmen hat zur Folge, dass die gesetzlichen Regelungen des Geschäftsbesorgungsauftrags unanwendbar seien.
Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung kann dieser Sichtweise jedoch wenig abgewinnen, da die juristisch definierte Treuhändlerstellung nicht auf diese Fallkonstellationen zutrifft (Martinek, Die modernen Medienagenturen als Nachfolger der Werbeagenturen, S.18ff.).
Pachtähnlicher Vertrag in bestimmten Fällen.
Geht es in der vertraglichen Vereinbarung des Werbemittlervertrags primär um die Gebrauchsüberlassung der zur Verfügung stehenden Werbeflächen an den Werbemittler selbst, kommt ferner ein Miet- oder Pachtvertrag (§§ 581, 578, 535 ff. BGB) in Betracht.
Dabei steht die Verpflichtung hinsichtlich des Nutzungsrecht im Vordergrund (BGH, Urteil vom 26.03.2008, Az.: X ZR 70/06). Entscheidend ist diese Klassifizierung auch wegen der unterschiedlichen Handhabung bei einer möglichen Kündigung aufgrund Schlechtleistungen, wonach die Vorschriften des Miet- und Pachtrechts Anwendung finden.
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Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Kanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner – Ihre Anwaltskanzlei Aichach, in Zusammenarbeit mit cand. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz)