Erbrecht: Zum Nachweis der Erbenstellung
Erben können ihr Erbrecht durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen
Erbrecht: Die Rechtsgültigkeit eines eröffneten handschriftlichen Testaments.
Erben können ihr Erbrecht auch durch die Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen.
Nicht selten gestaltet sich der Plot eines Sonntagabendkrimis so: der Mörder bringt sein Opfer aus Habgier um und fälscht im Nachhinein das handschriftliche Testament, um sich selbst als Alleinerbe einzusetzen. Wohl auch aus Furcht einem gefälschten Testament aufzusitzen, üben sich Behörden und Banken nicht selten in Zurückhaltung, wenn es um die Freigabe von Konten auf den Todesfall geht.
Der Gesetzgeber sieht indes keinen Handlungsbedarf und stellt das eigenhändige Testament dem öffentlichen Testament gleich. Jedoch sind einige Besonderheiten im Umgang mit dem Nachlass zu beachten.
Nachweispflichten des Erben.
Über den Zweck eines Testaments herrscht Einigkeit. Durch eine solche einseitige nicht empfangsbedürftige Willenserklärung wird der letzte Wille des Verfügenden manifestiert. An diesem Inhalt hat sich logischerweise seit Jahrzehnten nichts geändert, doch die formellen Ausgestaltungen durchliefen eine Wandlung.
Das eigenhändisch verfasste Testament wurde durch das notarielle (öffentliche) Testament ersetzt, was vor allem zu mehr Sicherheit im Rechtsverkehr geführt hat. Diese Art der letzten Verfügung ermöglicht Rechtsklarheit für die Erben im Umgang mit dem Nachlass und führt — zumindest im Hinblick auf die Nachlassverwaltung — zu wenigen Problemen.
Anders gestaltet sich die Situation bei einem handschriftlichen Testament, das nicht beim Notar hinterlegt wurde.
Damit ein Erbe sein Erbrecht gegenüber Dritten belegen kann, muss das Testament eindeutig im Sinne des Rechtsverkehrs sein (BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15). Diese Anforderung ist freilich für juristische Laien nicht sonderlich hilfreich und gerade bei Testamenten, die in der Schreibtischschublade verwahrt werden, problematisch.
Eindeutigkeit im Rechtsverkehr.
Grundsätzlich gilt: der Erbe kann sein Erbrecht durch Vorlage eines eigenhändigen — auch schon eröffneten — Testaments belegen, wenn es die im Sinne des Rechtsverkehrs erforderliche Eindeutigkeit aufweist (BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az.: XI ZR 311/04; BGH, Urteil vom 05.04.2016, Az.: XI ZR 440/15). Dieser Grundsatz deckt sich mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) insoweit, als dass der Erbe nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Vielmehr kann dieser Nachweis auch in anderer Form geführt werden (BGH, Urteil vom 10.12.2004, Az.: V ZR 120/04; BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az.: XI ZR 311/04).
Ein gleichwertiger -und eindeutiger- Nachweis kann beispielsweise durch eine beglaubigte Abschrift eines handschriftlichen Testaments -selbst mit Eröffnungsvermerk- erbracht werden.
Zwar besteht in solchen Fällen die Gefahr einer Fälschung oder Veränderung des letzten Willens, welche jedoch nicht per se als Einwand vorgebracht werden kann. Rein abstrakte Bedenken sind nämlich nicht ausreichend für eine Ablehnung des Testaments. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die für jeden Einzelfall speziell zu prüfen sind. Begründen lässt sich diese scheinbare gesetzliche Großzügigkeit mit der Gleichwertigkeit von öffentlichen Testamenten und anderweitigen formell gültigen Erklärungen des Erblassers (§ 2231 BGB).
Ausnahmen sind dabei selten. Die wohl bedeutendste ist die Nachweispflicht durch einen Erbschein gegenüber dem Grundbuchamt, § 35 Abs.1 GBO.
Kein Leistungsverweigerungsrecht im Falle eines händischen Testaments.
Aufgrund der Gleichwertigkeit im Sinne des § 2231 BGB darf ein Schuldner eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs nicht leichtfertig verweigern. Verweigert beispielsweise eine Bank -aufgrund eines fehlenden Erbscheins- die Freigabe von Konten, so verstößt sie damit gegen eine ihr obliegende vertragliche Leistungspflicht.
Begründen lässt sich dieses Ergebnis mit der Pflicht der Bank, den Vertragszweck (z.B. Auszahlung und Verwaltung eines Kontos) weder zu gefährden noch zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az.: XI ZR 311/04). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass keine Vereinbarung mit dem Erblasser darüber getroffen wurde, in welcher Art und Weise nach dessen Tod das Erbrecht nachzuweisen ist. Derartige Vereinbarungen sind zwar wünschenswert, um Rechtsklarheit zu schaffen, aber in der Praxis selten.
Verweigert die Bank dennoch die Freigabe, so macht sie sich in Höhe der Kosten der unnötig aufgestellten formellen Anforderungen schadensersatzpflichtig.
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Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Kanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner – Ihre Anwaltskanzlei Aichach, in Zusammenarbeit mit cand. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz)