Neue Entscheidung des OLG München
Journalisten haben das Recht zur Einsicht ins Grundbuch bei berechtigtem öffentlichen Interesse.
OLG München: Pressevertreter haben unter bestimmten Umständen ein Recht auf Grundbucheinsicht.
Das Grundbuch erscheint für juristische Laien zunächst als ein in die Jahre gekommenes Konstrukt, das sich (größtenteils) in der digitalisierten Welt behaupten konnte. Schon allein begrifflich weckt das Wort Assoziationen von staubigen Amtsarchiven in dunklen Räumen. Zwar bemühte sich der Bundesgesetzgeber schon 1993 um eine Digitalisierung (Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993, BGBl. I, 2182ff.), dennoch ist die Handhabung in vielen Fällen unübersichtlich.
Und trotzdem kann sowohl für Grundstückserwerber wie auch für die Öffentlichkeit diese Blattsammlung von entscheidender Bedeutung sein.
Biographie der Grundstücke.
Das Grundbuch ist ein öffentliches Register mit der Funktion, die rechtlichen Verhältnisse an Grundstücken zu dokumentieren. Dabei wird für jedes Grundstück eine Auflistung unterschiedlicher Tatsachen geführt. Einerseits gibt das Grundbuch Auskunft über den Eigentümer und dessen Erwerbsgrund. Zudem sind Belastungen und sonstige eintragungsfähige Tatsachen (Vormerkungen, relative Veräußerungsverbote und Einwendungen) aufgeführt.
Nicht zuletzt enthält das Grundbuch auch Angaben über Hypotheken, Grund- und Rentenschulden.
Damit lassen sich mit einem Blick die entscheidenden Informationen über die rechtliche Situation eines Grundstücks oder einer Wohnung entnehmen.
Voraussetzungen des Rechts auf die Einsicht.
Die Bedeutung des Grundbuchs liegt vor allem im Nachweis von Rechten. Aufgrund des verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs.1 GG) der eingetragenen Personen muss jedoch jede missbräuchliche Einsichtnahme rechtlich verhindert werden.
Dem Spagat zwischen Selbstbestimmungsrecht und entgegenstehender Rechte trägt § 12 Grundbuchordnung (GBO) Rechnung. Nach § 12 Abs. 1 GBO ist die Einsichtnahme jedem gestattet, der ein „berechtigtes Interesse“ darlegen kann.
Dieses Recht wird aus dem formellen Publizitätsprinzip abgeleitet und knüpft daran an, ob eine Sachlage und das Interesse des Antragstellers berechtigt erscheint.
In diesem Zusammenhang ist besonders auf das „berechtigte Interesse“ (§ 12 Abs. 1 GBO) einzugehen, das sich sowohl aus einer rechtlichen (vgl. OLG Karlsruhe in ZEV, 2009, 42 f.), tatsächlichen (vgl. OLG München, Urteil vom 20.04.2016, Az.: 34 Wx 127/16) und wirtschaftlichen Lage ergeben kann.
Gerade bei Pressevertretern reagieren die zuständigen Grundbuchämter in der Regel etwas strenger, wenn es um die Einsicht geht.
Generell gilt: es besteht ein Recht auf Grundbucheinsicht eines Pressevertreters nach dessen Darlegung des Einsichtsinteresses (vgl. OLG München, Urteil vom 20.04.2016, Az.: 34 Wx 127/16). Dabei ist ein berechtigtes Interesse an der Einsicht des Grundbuchs im Sinne von § 12 Abs. 1 GBO gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers besteht, das sich im Unterschied zum rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder ein konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch mit bloß tatsächlichem Interesse begründet werden kann (OLG Oldenburg, RPfleger 2014, 131 ff.).
Daraus leitet sich ein generelles Recht der Journalisten ab, Einsicht zu nehmen. Jedoch gilt auch insofern die Berücksichtigung des möglicherweise widerstreitenden Interesse des Eingetragenen.
Um den Anspruch auf Einsicht nicht missbräuchlich ausufern zu lassen, müssen die Grundbuchämter somit die jeweiligen Rechte in einen Ausgleich bringen (BVerfGE, NJW 2001, 503 ff.). Die entscheidende Frage ist dabei, ob die Einsichtnahme durch den Pressevertreter verhältnismäßig ist und damit im speziellen Fall geeignet ist, dem Informationsanliegen des Journalisten und der Allgemeinheit zu entsprechen.
Diese Abwägung gilt es für jeden konkreten Einzelfall vorzunehmen — eine Pauschalierung wäre rechtswidrig.
Wenn Sie Einsicht nehmen wollen…
… dann helfen wir Ihnen dabei, Ihre Interessenlage gegenüber dem Grundbuchamt zu formulieren und entsprechend geltend zu machen. Sollte Ihnen das Einsichtsrecht schon verweigert worden sein, prüfen wir für Sie, ob die Ablehnung Ihres Antrags auf Grundbucheinsicht rechtmäßig war.
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Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Anwaltskanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner in Aichach, in Zusammenarbeit mit stud. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz)